
Ernährung | Haben wir noch genug zu essen, wenn wir nur noch regionale Lebensmittel konsumieren würden? Im Prinzip ja, dann gäbe es jeden Tag Kartoffeln, Kohl und Fleisch mit Zucker.
In der Corona-Pandemie standen wir das erste Mal vor leeren Supermarktregalen. Zwar entspannte sich die Versorgungslage schnell und so gut wie alles ist wieder zu haben. Doch was wäre wenn? Könnten wir uns in Deutschland selbst versorgen? Oder würden regionale Lebensmittel knapp? So viel vorab: Wir müssen nicht verhungern, sondern hätten reichlich Fleisch, Milch und Kartoffeln zu essen und Zucker zum Nachtisch. Für Vegetarier*innen und Veganer*innen dagegen sieht es nicht ganz so gut aus. Frisches Obst und Gemüse würde tatsächlich zur Mangelware und deshalb ziemlich teuer. Das kann aus den Statistiken des Bundesamtes für Landwirtschaft und Ernährung (BLW) über den sogenannten Selbstversorgungsgrad abgelesen werden. Der liegt bei Kartoffeln bei 138 Prozent, bei Gemüse dagegen nur bei 35 Prozent und für Obst noch niedriger.

17 Prozent des Bio-Getreides kommen aus dem Ausland, etwa Weizen aus Rumänien oder Hafer aus Schweden.
Getreide
Regionale Lebensmittel: Obst und Gemüse reichen nicht aus
Im Prinzip ist es ein einfacher Dreisatz. Mensch nehme die in Deutschland im Wirtschaftsjahr 2018/2019 erzeugte Menge, etwa an Äpfeln. Das waren laut BLE 1 119 000 Tonnen. Diese Zahl wird durch die Menge an verbrauchten Äpfeln – frisch und verarbeitet – von 2 319 000 Tonnen geteilt. Das ergibt 0,48, also einen Selbstversorgungsgrad von 48 Prozent. Die anderen 52 Prozent wurden importiert, aus dem nahen Südtirol ebenso wie aus Neuseeland. Dieser Selbstversorgungsgrad schwankt jedes Jahr. Je nachdem wie die Apfelernte ausfällt, waren es auch schon 32 oder 60 Prozent. Damit liegen die Äpfel beim Obst in Sachen Selbstversorgung an der Spitze. Gefolgt von Pflaumen, Erdbeeren und Johannisbeeren. Schon bei Birnen und Kirschen sinkt der Eigenanteil auf 20 Prozent.
Aprikosen, Pfirsiche und Zitrusfrüchte sowie alle Trockenfrüchte kommen komplett aus dem Ausland, Bananen und Ananas sowieso. Fazit: Nur ein Fünftel der Obstmenge, die wir verzehren, wächst auch bei uns. Für Bio gilt das im Prinzip ebenso, auch wenn der Selbstversorgungsgrad bei Äpfeln 2018/19 bei 80 Prozent lag.
Bei Gemüse können wir Deutschen uns zumindest bei Weiß- und Rotkohl selbst versorgen. Sellerie reicht fast aus und bei Lauch, Möhren, Kopfsalat und Blumenkohl stellen jeweils 70 Prozent regionale Lebensmittel dar. Bei den Zwiebeln wächst mehr als die Hälfte bei uns und andesonsten helfen die Niederlande und Spanien aus. Doch im Frühjahr, wenn die Lager leer werden und die neuen Zwiebeln noch wachsen müssen, kommt der Ersatz aus Ägypten und Neuseeland.
Was den Gemüse-Versorgungsgrad nach unten reißt, sind Fruchtgemüse wie Tomaten, Zucchini und Paprika, die fast komplett importiert werden. Gerade mal 4% aller gegessenen Tomaten werden auch hier angebaut, die anderen kommen aus Italien, Spanien und den Niederlanden zu uns. Doch mit 2,2 Millionen Tonnen jährlich machen Tomaten gut ein Viertel des deutschen Gemüseverzehrs aus. Bio steht beim Fruchtgemüse etwas besser da, weil in den vergangenen Jahren mehrere große Bio-Gewächshäuser gebaut wurden. Dennoch kommt der Großteil an Tomaten und Co. aus dem Ausland.
Die Selbstversorgung bei Obst und Gemüse war schon vor 30 Jahren niedrig und hat sich seither bei Gemüse noch verringert. Gründe dafür gibt es mehrere: Der Freilandanbau ist durch das Wetter beschränkt und nicht jedes Erzeugnis lässt sich über Monate lagern. Das Gefühl für Saisonalität ist außerdem vielen Verbraucher*innen verloren gegangen. Schließlich gibt es im Laden immer alles zu (fast) jeder Zeit. Doch kommen diese Produkte dann eben aus Ländern mit viel Sonne wie Spanien oder Ägypten oder gleich vom anderen Ende der Welt, wo Sommer ist, wenn es bei uns schneit. Auch der Preis spielt eine Rolle: Arbeiter*innen in Polen oder auf dem Balkan ernten Äpfel, Zwetschgen und Beeren viel billiger als deutsche Betriebe. Ein Großteil des Obstes für die Verarbeitung kommt tiefgefroren von dort, bio und konventionell.
Fleisch und Milch dagegen produzieren die deutschen Landwirt*innen zunehmend im Überfluss und exportieren es in alle Welt. Das macht sie allerdings auch besonders krisenanfällig. Mit der Corona-Pandemie brachen die Milchexporte ein. Der Milchpreis auf dem Weltmarkt fiel von Februar bis Ende April 2020 um ein Fünftel. Der offizielle Selbstversorgungsgrad von 115 Prozent bei Milch verschleiert, dass die Hälfte der in Deutschland an Molkereien gelieferten konventionellen Milch in den Export geht, zumeist als Milchpulver. Für die üblichen Molkereiprodukte alleine bräuchten wir längst nicht so viele Milchkühe.

Krisenanfällige Strukturen
Die Pandemie hat auch gezeigt, dass große Strukturen krisenanfälliger sind als kleine, regionale. Große Obst- und Gemüsebetriebe, die hundert Saisonarbeiter*innen beschäftigen, traf das teilweise Einreiseverbot für die Hilfskräfte härter als kleinere Höfe. Corona-Ausbrüche legten mehrere große Schlachthöfe lahm, deren Betreiber*innen kostengünstige Subunternehmer*innen in Wohnheimen zusammengepfercht hatten. Ganz abgesehen von den Gefahren für die Arbeiter*innen kann das auch gefährlich für die Versorgung werden, denn in Deutschland schlachten drei große Konzerne 58 Prozent aller Schweine, verteilt auf gerade einmal zwanzig große Schlachthöfe. Bei Rindern haben die drei einen Marktanteil von rund 40 Prozent. Ähnlich konzentriert sind andere Bereiche. Ein Dutzend Mühlen vermahlen 40 Prozent des gesamten Getreides in Deutschland. Die drei größten Molkereien verarbeiten ein Drittel der bundesweit erzeugten Milch. Fallen einzelne dieser Großbetriebe aus, bringt das ganze Versorgungsketten ins Wanken.
Bio-Landwirt*innen haben als erste in Deutschland begonnen, Sojabohnen, Linsen, Hirse, Quinoa und Amaranth anzubauen, um weniger von Importen abhängig zu sein.
Anbau

Ich hoffe ich konnte euch durch diesen Beitrag weitere Tipps und Informationen zur Hand geben. Wenn es weitere Themengebiete gibt, über die ihr gerne mehr wissen wollt, dann schreibt mir diese doch gerne unten in die Kommentare. Bis dahin, eure Fabi
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